Viele Artikel wurden über die Bildungszeit geschrieben: Einige erklären, worum es dabei geht, andere kritisieren das Gesetz, äußern Änderungswünsche oder begeben sich auf die Suche nach Gründen, warum nur wenige Menschen die Bildungszeit in Anspruch nehmen. Als man mir sagte: „Schreib‘ doch mal einen Artikel über Bildungszeit in Baden-Württemberg“, hatte ich zunächst einen ähnlichen Ansatz.
Aber seien wir mal ehrlich: Wenn ich mich weiterbilden möchte, interessiert mich das Wo, Wann und Wie – welches Gesetz dahintersteht, seit wann dieses existiert oder dass es geändert wurde, ist für mich stattdessen nur wenig relevant. Statt einer theoretischen Abhandlung über die Bildungszeit gibt es deshalb nun eine praktische Anleitung, wie Sie vorgehen müssen, wenn Sie die Bildungszeit für sich in Anspruch nehmen möchten.
Schritt 1: Passende Weiterbildung finden
Um Bildungszeit in Anspruch zu nehmen, muss zunächst eine passende Weiterbildung gefunden werden – zum Beispiel hier auf südwissen. Aktuell haben wir über 700 Kurse, die nur darauf warten, von interessierten Personen gebucht zu werden! Damit die Weiterbildung für die Bildungszeit in Frage kommt, muss diese allerdings bestimmte Kriterien erfüllen:
- Dauer von mindestens 1 Tag
- Durchschnittlich 6 Stunden Unterricht pro Tag
- Der Bildungsträger muss im Sinne des Bildungszeitgesetzes anerkannt sein
Dauert Ihre Weiterbildung länger als 5 Tage, können Sie die Bildungszeit mit privatem Urlaub kombinieren: Für einen 14-tägigen Sprachkurs bekämen Sie dann 5 Tage Bildungszeit und müssten weitere 5 Tage Urlaub aufwenden.
Die gute Nachricht: Die meisten Hochschulen und Universitäten in Baden-Württemberg sind anerkannte Anbieter im Sinne des Bildungszeitgesetzes. Sie können also davon ausgehen, dass ein auf südwissen gefundener Kurs, sofern er in den zeitlichen Rahmen passt, sehr wahrscheinlich zu den anerkannten Weiterbildungen gehört.
Natürlich sollte die Weiterbildung auch thematisch zum Gesetz passen. Möglich ist eine Weiterbildung im eigenen beruflichen Kontext, aber auch politische Bildung ist im Sinne der Bildungszeit anzuerkennen. Ein drittes wichtiges Feld ist die Qualifizierung für ein Ehrenamt: Üben Sie ein solches aus, können Sie auch ein Angebot wählen, das Sie dafür qualifiziert oder weiterbildet.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bildungszeitgesetz wurde 2015 ins Leben gerufen
- Anspruch haben Arbeitnehmer*innen mit Tätigkeitsschwerpunkt in Baden-Württemberg, außerdem Auszubildende und Studierende an dualen Hochschulen, wenn das Beschäftigungsverhältnis seit mehr als 12 Monaten besteht
- Jede berechtigte Person hat Anspruch auf 5 Tage bezahlte Freistellung pro Jahr, um sich für die Arbeit, für ein ausgeübtes Ehrenamt oder politisch weiterzubilden, bei Teilzeit reduziert sich der Anspruch entsprechend
- Die Weiterbildung muss bestimmte Kriterien erfüllen und vom Arbeitgeber genehmigt werden
- Der Antrag muss spätestens 9 Wochen vor Kursbeginn beim Arbeitgeber liegen
- Hier finden Sie das Formular für die Antragsstellung
Schritt 2: Antrag beim Arbeitgeber stellen
Haben Sie sich für eine bestimmte Weiterbildung entschieden, müssen Sie die Bildungszeit bei Ihrem Unternehmen beantragen. Hier sind bestimmte Fristen zu beachten: Der Antrag muss spätestens 9 Wochen vor dem Start des Kurses gestellt werden. Ihr Arbeitgeber hat dann 4 Wochen Zeit, um über den Antrag zu entscheiden. Eine Ablehnung müssen Sie in der Regel nicht fürchten. Sind alle Kriterien erfüllt, müssen gewichtige Gründe gegen Ihre Weiterbildung sprechen, etwa ein personeller Engpass zu genau dieser Zeit oder ein wichtiger Abgabetermin, der nicht verschoben werden kann. Bekommen Sie innerhalb der genannten Frist keine Antwort auf Ihr Anliegen, ist auch das nicht tragisch: Anträge, die nicht innerhalb der Frist beantwortet werden, gelten automatisch als bewilligt.
Schritt 3: Bei der gewählten Weiterbildung anmelden
Hat Ihr Arbeitgeber zugestimmt und den Antrag genehmigt, steht Ihrer Weiterbildung nichts mehr im Weg. Sie können sich anmelden und den Kurs absolvieren. Die Kurskosten tragen Sie selbst, Ihr Gehalt wird aber in dieser Zeit – genau wie im Urlaub – unverändert weitergezahlt.
Interessantes rund um die Bildungszeit
- Aktuell nehmen jährlich nur 1,2% der Berechtigten in Baden-Württemberg Bildungszeit
- Mit Abstand am häufigsten wird Bildungszeit für die berufliche Weiterbildung genutzt
- Im Durchschnitt dauern bewilligte Weiterbildungen 4,45 Tage
- Häufig wird die Bildungszeit mit eigenen Urlaubstagen ergänzt, um Kurse mit längerer Dauer zu belegen
- Im Vergleich wird Bildungszeit häufiger von jüngeren Arbeitnehmer*innen beantragt
Schritt 4: Weiterbildung absolvieren
Ist die Weiterbildung genehmigt und alles geplant, ist der Weg zum Kurs frei. Nutzen Sie die Zeit, machen Sie Notizen und pflegen Sie Kontakte! Viele Absolvent*innen unserer Weiterbildungen berichten, wie viel Nutzen neben der fachlichen Weiterbildung vor allem der Austausch mit anderen Kursteilnehmer*innen für sie hatte. Haben Sie die Möglichkeit, nach dem Kurs ein paar Tage Urlaub einzulegen, sollten Sie dies nutzen. Gerade kurze Weiterbildungen sind vollgepackt mit Informationen – um diese zu behalten und anzuwenden, hilft es sehr, wenn man sich nach dem Abschluss noch einmal in Ruhe mit dem Gelernten auseinandersetzen kann.
Schritt 5: Weiterbildung vom Kursträger bestätigen lassen
Nach Abschluss einer Weiterbildung erhalten Sie in den meisten Fällen ein Zeugnis oder ein Zertifikat. Bekommen Sie dies nicht automatisch ausgehändigt, können Sie beim Veranstalter eine Teilnahmebestätigung anfordern. Diese reichen Sie bei Ihrem Arbeitgeber ein, um die Teilnahme an der beantragten Weiterbildung zu bestätigen.
Schritt 6: Besser informiert sein und Wunsch nach Beförderung anmelden
Dieser Schritt ist natürlich mit einem Augenzwinkern zu verstehen – bitte fordern Sie nicht direkt nach der Weiterbildung eine Beförderung ein! Allerdings zeigen die Berichte der Teilnehmer*innen vergangener Kurse, dass eine Beförderung oder eine Gehaltserhöhung keine Seltenheit sind, wenn eine Weiterbildung erfolgreich absolviert wurde. Haben Sie neue Kenntnisse gewonnen und können neue Fähigkeiten anwenden, halten Sie damit nicht hinter dem Berg, es wird Ihrem Arbeitgeber auffallen. So schlagen Sie auch zwei Fliegen mit einer Klappe: Nicht nur Ihre persönliche Position wird dadurch verbessert, mit etwas Glück fallen auch Ihren Kolleg*innen und Ihrem Arbeitgeber die unbestreitbar positiven Aspekte der Bildungszeit auf, sodass die Akzeptanz und Bekanntheit der Bildungszeit in Ihrem Unternehmen steigt.